Traumwetter & Samba-Rhythmen
Närrisches Treiben auf Waldbröls bislang längstem Karnevalszug
Hochsommerliche Temperaturen im Februar und das Temperament und die Ideenvielfalt tausender Jecken im Zug und am Straßenrand verwandelten Waldbröl beim 9. Karnevalszug der WKG in ein Mekka der guten Laune. Im Wirbel der farbenfrohen Masken unter strahlend blauem Himmel regnete es Kamelle, Strüßcher und vom Wagen der als quietschgelbe Entchen verkleideten Wilkenrother Seifenblasen ohne Ende in allen Farben des Regenbogens.
Bei so viel Lebensfreude und Sonne im Herzen wurden die 50 giftgrün ausstaffierten Noroviren, die die Mitarbeiter des Waldbröler Klinikums Oberberg gewiss nicht ohne einen Hintergedanken zur Stärkung der Abwehrkräfte ihrer Mitmenschen auf die Öffentlichkeit losgelassen hatten, schlichtweg mit überschwänglicher Herzlichkeit integriert. Nach dem Motto „Die Viren sind uns heute scheissegal, wir feiern trotzdem Karneval“, war das Eis erst mal gebrochen. Und dann kam man sich auch bald näher: „Willst du den Noro heut von mir, dann trink mit mir vom selben Bier.“ Als hätte es zwischendurch keinen Winter gegeben, knüpften die Ospeler mit ihrem bunten Mottowagen „Ospel Jung und Alt“ nahtlos an den vorigen Rekordsommer an: „Im Frühjahr hatten die Bauern viel Müh, im Sommer war es dafür zu drüh“, wie immer mit einer offenherzig bekleideten Venus im Heck.
Es brauchte nicht viel Fantasie, um den heißen Wind zu spüren, den die in lichtes Grün gewandete Gruppe Samba Wind mit ihren südlichen Rhythmen heraufbeschwor – Zuckerhutfeeling für einen Tag im Herzen von Waldbröl. Von ihrer Prunksitzung am Vortag eingestimmt, nahm das Wildberger Prinzenpaar Benne und Markus I. mit seinem umfangreichen Gefolge vom hohen Turm seines Narrenschiffs huldvoll die Ovationen der versammelten Jecken entgegen und bedankte sich mit reichlich Kamelle.
Ob der Musikzug Lichtenberg oder die Band „Juck im Ohr“ auf Rädern – rhythmische Klänge aus allen Rohren brachten die ca. 5000 kostümierten Jecken am Zugweg ins Schwitzen. Dorfgemeinschaften, Schulen und Kitas, bis hin zu den jüngsten im Kinderwagen, erwartungsvoll und fantastisch kostümiert, wetteiferten im „Kamelle“ rufen und wurden reichlich belohnt von den unermüdlichen Zugteilnehmern. Ein wenig außer Atem, aber glücklich, strahlt Christel Burkhardt, mit 80 Jahren Waldbröls älteste Wirtin und wahrscheinlich auch älteste Zugteilnehmerin, im Pippi Langstrumpf-Kostüm.
Für Thomas (Tom) Wallenborn hatte der Karnevalszug eine ganz besondere Bedeutung. Als „Dorfsheriff“ sollte die Zugsicherung nach 35 Jahren im Dienste der Waldbröler Polizei seine Aufgabe an seinem letzter Arbeitstag sein. Doch dafür hatten seine Kollegen etwas ganz Besonderes vorbereitet: Sie stoppten den vorbeiziehenden Schönenbacher Prinzenwagen und forderten den vollkommen überraschten Ordnungshüter auf, zu Prinz Guido I. und Prinzessin Susanne auf den Wagen zu steigen. Das ließ der sich dann auch nicht zweimal sagen und half freudig bei der Verteilung von Kamelle und Strüßcher. Typisch „Schürmich – Ruck Zuck.“
Auch die behinderten Menschen wurden nicht vergessen. Für deren Zugteilnahme engagierte sich das Haus am Park. Während die Morsbacher Pappnasen vor dem Feinstaub mit ihrem Space Shuttle in höhere Sphären flohen, nebelten die „Schwalbenfreunde Waldbröl“ mit ihrem DDR-Roller das Publikum kräftig ein und sorgten für nostalgische Erinnerungen an die anrüchigen Zeiten der Zweitakter.
Den krönenden Abschluss des bislang längsten Karnevalszuges in der Waldbröler Geschichte bildete wie immer der Prunkwagen der WKG mit dem Prinzenpaar. Mit lautem Jubel feierte das Narrenvolk den regierenden Prinz Slobodan I. aus dem Hause Ukalovic und seine Prinzessin Janina I., die gemeinsam mit der elfjährigen Kinderprinzessin Cynthia Marie I. und Bürgermeister Peter Koester von der Plattform des Prinzenwagens aus süße Wurfgeschosse unters Volk brachten. Nach dem alle Wagen und Fußgruppen am Marktplatz wieder vereint waren, ging die Party mit mitreißender Musik von den Wagen weiter, den Traum von südlicher Sonne und Schwerelosigkeit noch eine Weile festhaltend.
Dieser Artikel wurde in ähnlicher Form im Rundblick Waldbröl (11/2019) am 16. März 2019 veröffentlicht.