Als Sonnentor bezeichnen wir die zwölf Wochen rund um die Sommersonnenwende, wo die Sonne ihren jährlichen Höchststand erreicht. Es ist die Zeit der Mitternachtsdämmerung. Hierbei sinkt die Sonne die ganze Nacht kaum unter 18° unter den Horizont, dem Beginn der astronomischen Dämmerung, sodass es auch in unseren Breiten nicht wirklich dunkel wird.
Ganz besonders kurz und hell ist die Sommersonnenwendnacht. Dann steht die Sonne nur 15° unter dem Horizont. Zwischen Abenddämmerung und Morgendämmerung vergehen gerade einmal dreieinhalb Stunden. Noch ausgeprägter ist dieses Phänomen allerdings in nördlicheren Gefilden, wo es in den sogenannten weißen Nächten sogar möglich ist, im Freien ohne zusätzliche Beleuchtung Zeitung zu lesen.
Das Sonnentor markiert den Beginn der warmen Jahreszeit und in der zweiten Hälfte nach der Sonnenwende beginnen auch die Sommerferien. Viele zieht es in dieser Zeit in den noch wärmeren Süden, an den Badesee oder ins Freibad. Eine ausgesprochen wohltuende, aber oft vernachlässigte Alternative dazu sind jedoch auch ausgedehnte Wanderungen in der Kühle unserer heimischen Wälder unter dem dichten Dach der Schatten spendenden Baumkronen.
Wie der Fund des Steinbeils von Nothausen im Jahre 1951 beweist, haben schon vor mehr als viertausend Jahren Menschen in unserer Gegend gesiedelt. Wie mögen sie wohl das Sonnenwendfest begangen haben? Auf jeden Fall waren sie mit ihrer Lebensweise dem krassen Wechsel der Umweltbedingungen im Jahreskreis viel stärker ausgesetzt als wir heutzutage.
Aber gerade in den letzten Jahren sind vermehrt Angebote entstanden, auch für Kinder und Jugendliche, die durch intensive Naturerfahrungen in uns wieder etwas von der Intuition und Aufmerksamkeit der Steinzeitjäger wecken können, deren Orientierungssinn es ihnen ermöglichte, sich auch ohne technische Hilfsmittel in den damals noch dichten heimischen Wäldern zu bewegen.
Dafür bedarf es nicht einmal eines spartanischen, entbehrungsreichen Rückzugs von der Zivilisation mit strenger Steinzeitdiät. Schon ein Wochenende mit langen Spaziergängen unter dem Sternenzelt und das ungewohnte Erleben, bei knappem Licht nur auf die eigenen Sinne angewiesen zu sein, kann versunkene eigene Erfahrungen wieder wachrufen, inspirieren, bereichern und einen wohltuenden Abstand von der unablässigen Informationsflut des Alltags schaffen.
Wie man dabei mit der zur Selbstverständlichkeit gewordenen, ständigen Erreichbarkeit umgeht, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. International gibt es seit Jahren einen Trend, wo Hotels und Gasthöfe eine Auszeit anbieten, bei der die Besucher ihre Handys vorübergehend abliefern und im Tresor einschließen lassen. Es wäre doch schade, wenn ein aufdringlicher Klingelton die idyllisch im Mondschein äsenden Rehe verscheuchen würde.
Auf jeden Fall aber sollte ein Fotoapparat mit in den Rucksack, um eine besondere Beobachtung, einen traumhaften Ausblick oder einen herrlichen Sonnenuntergang als unvergesslichen Moment in unserer heimischen Natur einzufangen. Und der folgende Bilderbogen möchte auf die Vielfalt der sommerlichen Natureindrücke im Reichshof einstimmen.